Schulministerin entschuldigt sich nach Abitur-Desaster

Weil Schulen die Aufgaben nicht herunterladen konnten, verschob das Land Abiturprüfungen vom Mittwoch auf Freitag. Kritik gibt es viel.
Für 30.000 Schüler in Nordrhein-Westfalen sollten am Mittwoch die Abiturprüfungen beginnen. Geplant waren landesweite Klausuren in Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik und Technik. Doch am Dienstagabend muss das Schulministerium die Prüfungen auf Freitag verschieben. Denn: Nur 300 der rund 900 Schulen konnten die Aufgaben vom Server eines externen Dienstleisters herunterladen. Der Download war um 12.00 Uhr freigeschaltet worden.
Im Gespräch mit Pressevertretern am Mittwoch sagte Landesbildungsministerin Dorothee Feller (CDU) laut dem WDR, das Ministerium sei am Dienstag um 14.10 Uhr vom beauftragten Unternehmen über die Probleme informiert worden. Doch während Medien bereits berichtet hatten, kam aus Düsseldorf lange: nichts. Erst gegen 20.40 Uhr verschob Fellers Behörde die Prüfungen. Die entsprechende E-Mail war laut der Bonner Landtagsabgeordneten Franziska Müller-Rech (FDP) für 19.30 Uhr angekündigt gewesen.
Am Tag danach entschuldigte sich Feller in einem vom Ministerium verbreiteten Video. Der Vorfall ärgere sie zutiefst. „Ich kann gut nachvollziehen, wenn Sie so richtig sauer auf uns sind. Und ehrlich gesagt, ich bin auch auf uns selbst sehr, sehr sauer“, so die CDU-Politikerin. Das lange Schweigen bis zum Abend begründete sie mit letztlich erfolglosen Versuchen, den ursprünglichen Termin zu retten.
Land führte neues Verfahren ein
Das Land hatte zu diesen Abiturprüfungen eine Zwei-Faktor-Authentifizierung für den Download eingeführt. Die sei allerdings „völlig unvermittelt und ohne Ankündigung“ geschehen, zitierte der „General-Anzeiger“ den Präsidenten des Nordrhein-Westfälischen Lehrerverbandes, Andreas Bartsch. Das Ministerium weist dies zurück: So habe es im Herbst bereits einen Test mit 300 Schulen gegeben.
Einen Anlass, neue Aufgaben zu stellen sieht das Schulministerium nicht. Die Schulen seien verpflichtet, die Klausuren unter Verschluss zu halten. Es gebe für den Fall, dass sie benötigt würden aber bereits fertige alternative Aufgaben.
Da der neue Termin – der bislang prüfungsfreie Freitag – auf dem Tag des muslimischen Zuckerfestes liegt, würden auf Wunsch Nachschreibetermine angeboten werden. Am Freitagmorgen will die Gewerkschaft EVG zudem die Deutsche Bahn bestreiken.
Für die Prüfungen am Donnerstag blieben ähnliche Berichte bislang aus. Bislang laufe der Download der Aufgaben durch die Schulen problemlos, so Feller. Ihr Haus teilte mit, man habe erstmal auf das neue Authentifizierungsverfahren verzichtet. Das Verfahren der vergangenen Jahre sei aber ebenfalls sehr sicher.
Landesschülervertretung will Abiturprüfungen dezentralisieren
Die SPD-Fraktion, unterstützt von der FDP, beantragte eine Sondersitzung des Schulausschusses des Landtages. Dort soll Feller auch erklären, wie sie ein rechtssicheres Abitur gewährleisten will.
Die Landesschülervertretung (LSV) kritisierte die Ministerin scharf. „Schon wieder müssen wir Schülerinnen und Schüler das Versagen der Landesregierung ausbaden“, sagte Vorstandsmitglied Phil Robin Weber. Der Ausweichtermin sei zudem eine Katastrophe. „Frau Ministerin provoziert, mit dem Ausbleiben der Rahmenbedingungen die Zukunft junger Menschen zu verspielen, indem sie die Prüfungen mit einem noch höheren Stresslevel belegt“, so Weber, der auch Bonner Bezirksschülersprecher ist.
Den Anlass nutzt die LSV zudem für Kritik am Zentralabitur. „Letztendlich sollte nicht nur die Krisenanfälligkeit zentralisierter Abschlussprüfungen nahelegen, dass diese als fehlerhaft wieder dezentralisiert werden sollten“, schrieb der Verband am Mittwoch auf seiner Website. Die Zentralisierung schaffe ohnehin nur eine scheinbare Vergleichbarkeit, da „weder die Voraussetzungen aller Schülerinnen und Schüler gleich, noch die Bewertung objektiv ist“.